VL. Lectures Summer School: Politisches, Eigenes und Fremdes. Politische Kunst und ihre Wissenschaften
Dozent:innen: Yana Prinsloo M.A.; Jun.-Prof. Dr. Julia Stenzel; Dominic Zerhoch M.A.Kurzname: VL Lectures
Kurs-Nr.: 05.155.16_810
Kurstyp: Vorlesung
Inhalt
Dass Kunst nicht ohne Kontext auskommt, ist trivial; ebenso, dass Kunst zum Ort des Politischen wird, wenn sie Öffentlichkeit generiert, verhandelt oder distribuiert. So ist es wenig überraschend, wenn gerade Theater – verstanden als historisch kontingentes mediales Dispositiv (R. Debray) – seine spezifische Form der Präsenz immer wieder als Form emphatischer Zeitgenossenschaft behauptet. Theater, das diese emphatische Zeitgenossenschaft als emphatisches Politisch-Sein versteht, hat Konjunktur; aus der nicht immer expliziten Diagnose einer Entmächtigung des Subjekts ergibt sich die Forderung nach Theater, das „sich einmischt“ oder gar zu einem alternativen Raum des Politischen, zur „Ersatzregierung“ stilisiert wird: „Empört Euch!“ ist das Motto (dies unter Bezugnahme etwa auf die Emanzipations-Konzepte Jacques Rancières oder auf Chantal Mouffes polemische Forderung nach einem linken Populismus). Doch das Compositum des „Ersatzparlaments“ oder der „Ersatzöffentlichkeit“ ist nicht ohne Widersprüche: Sein Anspruch des Politischen ist ein relativer, begreift sich Theater doch nur als Ersatz für eine politische Realität, welche damit gleichzeitig als defizitär ausgestellt wird; die Unterscheidung von Politik und Politischem, die im Hintergrund der Forderung nach Empörung des emanzipierten Zuschauers (J. Rancière) steht, verschwimmt.Wenn einerseits hochgradig affektiv aufgeladene Konzepte wie post truth, postfaktisch, fake und Lüge ubiquitär werden, andererseits die Frage nach der Präsentation des sogenannten Faktischen zusehends vor dem Hintergrund einer neuen Ethik des Berichtens zu stehen kommt, re-konstituiert sich nicht nur die Institution (S. Rehberg B. Heintz) Theater als ein System öffentlicher Akte. Allgemein rückt die Frage nach der ästhetischen Faktur und einer Tendenz zur Fiktionalisierung in den Blick, der politischen Narrativen und ihren Äußerungsformen inhärent ist (A. Nassehi). Wie funktioniert das Dokumentarische im Spannungsfeld von Exzess der Bilder und Entzug der konkreten Erfahrung (vgl. dazu das Konzept des Bochumer interdisziplinären Graduiertenkollegs zu „Formen des Dokumentarischen“)?
Zusehends wird eine direkte Konfrontation der Zu/Be-Schauer*innen angestrebt, die in ihrer Rezipienten-Rolle aufgestört werden – und dies, so der Anspruch, nicht mehr nur im folgenlosen Raum des Spiels: Dies kann geschehen durch theatrale Interventionen im öffentlichen Raum, durch die Inszenierung alternativer Realität (ZfpS), oder auch durch die Aktivierung des Rezipienten, der die Seiten eines Buches mit dem Titel ‚War Porn’ (Bangert) aufschneiden und sich so aktiv zum Betrachter eines als ‚pornographisch’ markierten Bildes machen muss.
Gemeinsam mit Theoretiker_Innen und Praktiker_Innen wollen wir über die Potentiale und Schwierigkeiten solcher Entwicklungen sprechen und dabei insbesondere die Frage stellen, wie die Wissenschaften von (politischer) Kunst mit ihrem Gegenstand nicht nur umgehen, sondern ins Gespräch kommen können: Wie politisch ist die wissenschaftliche Rede vom Politischen, wie kann sie ihre Position reflektieren, welchen Ethiken sollte sie sich verpflichten? Materialien, Themen und Reflexionen aktueller Theaterarbeiten, Filme und Bilder sollen dabei im Fokus stehen.
Termine
Datum (Wochentag) | Zeit | Ort |
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14.11.2017 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal NatFak 7. Stock |
21.11.2017 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal NatFak 7. Stock |
28.11.2017 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal NatFak 7. Stock |
12.12.2017 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal NatFak 7. Stock |
11.01.2018 (Donnerstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal, NatFak, 7. Stock |
16.01.2018 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | Senatssaal, NatFak, 7. OG |