Goethes Theater in Weimar

Dozent:innen: Univ.-Prof. Dr. Friedemann Kreuder
Kurzname: Goethes Theater
Kurs-Nr.: 00.Q+.1140
Kurstyp: Kurs

Voraussetzungen / Organisatorisches

Teilnahmevoraussetzungen

keine

Anforderungen

Regelmäßige, aktive Teilnahme am Seminar, vorbereitende Lektüre der Texte für jede Seminarsitzung, Referat
(TN ohne Leistungsnachweis (Hausarbeit) können 4 LP erwerben)
 

Inhalt

1791 übernahm Johann Wolfgang Goethe die Leitung des Weimarer Hoftheaters – nach seiner Installation am Hof Carl Augusts von Sachsen-Weimar als „Aushängeschild“ von dessen vermeintlich „aufgeklärtem Absolutismus“ bereits 1775, der Uraufführung seiner legendären Prosa-Iphigenie mit ihm selbst in der Rolle des Orest mit dem Ensemble der Theaterliebhabertruppe der Herzoginmutter Anna Amalia und seiner an prägenden Theatererlebnissen reichen Italien-Reise 1786-88 -, 1796 gelang es ihm, Friedrich Schiller für die Mitarbeit hinzuzugewinnen. Unter dem deprimierenden Eindruck des seit 1795 zunehmend offen machtpolitisch vorgehenden französischen Directoires entwickelten beide – unter bewusster Abkehr von jeglichem „Naturalism“ (Schiller in der Vorrede zur Braut von Messina) in der Theater-/Kunst als ehemaligem ästhetischen Prinzip der gesellschaftlich direkt eingreifenden Dramatik der bürgerlichen Trauerspiele und des Sturm und Drang ihrer revolutionären Jahre – eine programmatische Gegenposition zum omnipräsenten bürgerlichen Illusionstheater ihrer Zeitgenossenschaft in Gestalt eines u.A. barocke Theaterbegriffe fortschreibenden Experimentiertheaters zur Darstellung von Menschen als idealisierten Masken, bzw. Symbolen der Gattung (Schiller) in versifizierter Figurenrede und unter den Vorzeichen einer utopisch-zukunftsgerichteten Erfahrung von ästhetischer Harmonie und anthropologischer Ganzheit auf der rezeptiven Inszenierungsebene als promesse de bonheur (Bloch) einer notgedrungen in den Bereich der Kunst vertagten, gemäß den Idealen der Französischen Revolution umgestalteten deutschen Gesellschaft. Im Zuge der dahingehenden Anstrengungen entstanden neben zahlreichen Musterinszenierungen so bedeutende theater/ästhetische Schriften wie Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96), Schillers Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts (1795), Goethes Frauenrollen auf dem römischen Theater durch Männer gespielt (1798), Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke (1798) oder auch die von Goethes Schauspiel/schül/er Pius Alexander Wolff unter dem Titel Regeln für Schauspieler (1803) tradierten berühmten Vorlesungen über die Schauspielkunst. Das Seminar wird sich u.A. diesen theater/ästhetischen Schriften, auch als Herausforderungen der Weimarer Klassiker-Inszenierungspraxis bis heute, widmen (im Dialog mit Praktiker:nnen). Es soll aber auch deren kulturhistorischen Tiefenraum im Sinne der von Richard Wagner in Orientierung an den von ihm verehrten Weimarer Olympiern später viel beschworenen Produktivität des „deutschen Winkels“ (in Kooperation mit dem Q+-Studiengang der JGU und in Dialog mit Hans Ulrich Gumbrecht und seiner aktuellen neuen Publikation Provinz) ausloten. Dies schließt nicht zuletzt auch die Historisierung der Schattenseiten der teils drakonischen Maßnahmen Goethes - als Kultusminister und Theaterdirektor des preußischen Satellitstaates Sachsen-Weimar in Personalunion – zur Durchsetzung von Weltliteratur und Bildung in Konfrontation mit der durchaus zählebig in angestammten Darstellungs- und Wahrnehmungskonventionen verharrenden Weimarer Schauspieler:nnen und Zuschauer:nnen ein (unter Rekurs auf einschlägige Forschungen Klaus Schwinds, Daniel W. Wilsons u.A.).

Lernziele

Das Seminar vermittelt profunde Kenntnisse Goethes Weimarer Zeit und behandelt sowohl die einschlägigen Dramen als auch zentrale theaterästhetische Schriften der Zeit.  Gleichzeitig reflektiert es auch den kulturhistorischen Tiefenraum dieser Ästhetik und lotet u.a. im Dialog mit Hans Ulrich Gumbrecht und seiner aktuellen neuen Publikation „Provinz“ die Schattenseiten dieses Ideals von Bildung und der Durchsetzung von Weltliteratur aus.